Back in Berlin
Eva Lindner Blog Journalistin Israel

Woran merkt man, dass man wieder in Berlin ist? Daran, dass Hunde einen Irokesen-Schnitt tragen, dass der Bus an der Haltestelle anhält, nur weil man dort wartet und daran, dass man nicht mehr einfach mal so einem Kamel „Guten Tag“ sagen kann.

Helge Timmerberg, mein Lieblings-Reiseautor, hat einmal geschrieben: „Bei Fernreisen kommt die Seele erst drei Tage später an. Und man ist nirgendwo zu Hause, weder im Alten noch im Neuen“ (aus African Queen). Das finde ich sehr wahr. Während also meine Seele noch auf meiner Terrasse in Jerusalem baumelte, wurde mein Körper bereits von einer Easy-Jet-Maschine in Berlin-Schönefeld ausgespuckt. Willkommen zurück, Hallo Kulturschock.

Hunde mit Irokesenschnitt, Obdachlose ohne Schuhe trotz Aprilkälte, fertige Jugendliche auf Drogen, die mit Drei-Tage-wach-Augen über die Warschauer Brücke stolpern und auch irgendwo ihre Seele verloren haben. Nur wahrscheinlich nicht in Israel, sondern in einer Clubtoilette.

Jerusalem ist keineswegs ein Ort der Glückseeligen, sondern die ärmste Stadt Israels. Nur sieht man das nicht auf der Straße, nicht zuletzt aufgrund der stärkeren Familienstrukturen im Orient.

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In Israel ist jeder verdächtig. Egal wie groß.

Aber es ist ja nicht alles schlecht. Im Gegenteil. Immerhin: In Berlin steht keine Mauer mehr und man blickt nicht jeden Tag in den Gewehrlauf 18-jähriger Soldaten, die in Israel das Straßenbild prägen.

Außerdem ist Berlin eine Oase der Freundlichkeit. Ja, wirklich! Während man mit viel Glück in Berlin der Bedienung sogar ein Lächeln entlocken kann, ist man in Israel froh, wenn man sich das Essen nicht selbst aus der Küche holen muss. Generell gilt im öffentlichen Leben: Der Klügere gibt nicht nach, der Schwächere ist ein „Freier“. So wird auf Hebräisch der gemeine Loser bezeichnet. Meist ein Tourist oder Zugereister, der nicht weiß, dass es nur in die Straßenbahn schafft, wer einen harten Ellenbogen hat, dass Lächeln ein Zeichen von Schwäche ist und dass man niemandem den Vortritt lässt, weil man ja sonst vielleicht selbst etwas verpasst.

Auch Busfahrer sehen ihren Beruf nicht als Dienstleistung, nein, wer mitfahren will, muss sich  bewerben. Wer einfach nur an der Haltestelle wartet, kann lange warten. Kommt dann doch mal ein Bus vorbei, ist man gut beraten, einen kleinen Tanz aufzuführen und wild mit den Armen zu rudern. Mit viel Glück hat der Fahrer einen guten Tag, sieht einen und hält an. Das „Schalom“ beim Eintreten kann man sich sparen, es wird sowieso nicht erwiedert. Lieber gut festhalten, denn die Fahrt geht schon los, sobald man das erste Bein auf die Treppe gesetzt hat.

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Im Krokodilkäfig. Sababa.

Anderes vermisse ich aus der orientalischen Kultur, vieles wird einfach lockerer gehandhabt. Wie der Umgang mit Raubtieren. Bei meinem Besuch im einzigen palästinensischen Zoo, wurde ich vom Tierarzt eingeladen, mir die Krokodile von nah anzuschauen. Bevor ich mir überlegen konnte, ob das schlau ist, stand ich schon im Käfig. Als der Tierarzt vorschlug, dem Krokodil nun auch noch mit einem Besen den Rücken zu massieren, erwachte dann mit etwas Verspätung doch noch mein Überlebens-Instinkt. Ich lehnte dankend ab. Als er meinen ungläubigen Blick sah, während er lachend das Krokodil kehrte, zuckte er nur mit den Schultern, „sababa“, kein Problem. Na dann.

Der großartige Helge Timmerberg hat übrigens ein neues Buch. „Die Märchentante, der Sultan, mein Harem und ich“, nicht über Israel, dafür über Istanbul, Ägpten und Marrakesch (liest am 9. Mai in Berlin). 
Der ebenfall grandiose Reiseautor Andreas Altmann hat ein Buch über das gelobte Land geschrieben: „Verdammtes Land. Eine Reise durch Palästina“. Polarisierend, lesenswert.